Dienstag, 8. November 2016

Männer, Patriarchat und andere Schwierigkeiten

Nach unserer Rückkehr nachhause nach Port Asgan zogen abermals sehr rasch die Tage ins Land.
Es hat sich bereits angekündigt dass die Eisriesen nicht mehr lange auf sich warten lassen, die Sonne hat es schwer hinter der dichten Wolkendecke hervortreten zu können, Nebel hat sich übers Land gelegt sowie eine feine Decke aus Schnee.
 Diese Jahreszeit hat einerseits etwas sehr beruhigendes an sich. Ruhe kehrt im Alltag ein, das geschäftige Leben verlangsamt sich etwas. Wer bis dahin für den Winter noch nicht ausreichend vorgesorgt hat wird sich kaum mehr bemühen können, die meiste Arbeit ist getan und das Warten auf die Eisriesen beginnt. Vielleicht will man noch die Zeit nutzen und Freunde und Familie zu besuchen, ehe der Weg über Wasser durch das Eis unmöglich ist.
Ein paar kleinere Festlichkeiten wechselten sich mit dem Alltag ab, es wird an manchen Tafeln nochmal richtig ausgiebig geschmaust und gefeiert.
Anderseits natürlich hängt an jeder Ecke auch die Furcht vor dem kommenden Winter, letzte Vorbereitungen werden getroffen und die Rationen gut eingelagert auf dass sie viele Monde überdauern.

Auch in unserem Alltag ist ein wenig Beschaulichkeit eingekehrt. Nach dem Aufregungen der letzten Zeit durchaus eine Wohltat. Aegir ist mir gegenüber immer noch höchst verschlossen und ich vermute dahinter dass er mir noch längst nicht verziehen hat. Gelegentlich bringt er Wild vorbei, allem voran um für seine Kinder zu sorgen, die abwechselnd bei ihm und bei mir leben. Unsere beiden Hütten sind nur einen Fussmarsch von einer guten Ahn voneinander getrennt, so dass unser gemeinsamer Nachwuchs sich oftmals alleine aufmachte um entweder bei Vater oder Mutter zu verweilen.
Die Ahn die Aegir und mich räumlich voneinander trennte hielt ihn nicht davon ab immer wieder mit Aufgaben zu mir zu kommen. Manchmal kam auch nur vorbei um seine Beine unter meinem Tisch auszustrecken, sich verköstigen zu lassen. Es kam also mehr schleichend dass mir bewusst wurde, dass der gute Mann sich meine hauswirtschaftlichen Fähigkeiten mehr und mehr zu Nutzen machte.
Es bliebt nicht nur beim einfachen Essen, vielmehr fing er an mir aufzutragen wann ich etwas auf den Tisch zu bringen hatte. Nebenher überhäufte er mich noch mit einer Vielzahl an Botengängen, Besorgungen und all den kleinen Dingen für die sich für gewöhnlich eine Gefährtin zuständig fühlt.

An dem Tag, an dem mir klar wurde dass er mich über das übliche Maß beanspruchte, war ich in keiner guten Verfassung. Die Heilerstube war soweit eingerichtet, aber es gab immer noch einiges zu tun. Zudem habe ich die Lehrstunden, in denen ich meine Kinder in Lesen, Schreiben und ein wenig Rechnen unterrichte, wieder aufgenommen. Etwas das neben der normalen Fürsorge Zeit in Anspruch nimmt. Davon abgesehen gab es am, zugegebenermaßen kleinen, Tierbestand ebenfalls zu tun.
Und auf die Mithilfe einer Sklavin konnte ich auch nicht zurückgreifen.
Wie bereits erwähnt war der Tag an dem Aegir abermals mit einer Forderung auf mich zukam, kein guter Tag. Heute weiss ich nicht mal mehr genau was er mir auftrug. Vermutlich wird es eine Kleinigkeit gewesen sein. Eine Kleinigkeit die jedoch reichte das Pulverfass in die Luft gehen zu lassen. Und mit ihm das ganze Weib gleich mit dazu.
Meine Wut, die sich die ganze Zeit über bereits aufgestaut hatte, begann ins Unermessliche zu steigen und schliesslich überzukochen. Ich setzte mich zur Wehr und sagte dass ich ihm ganz gewiss keinen Freundschaftsdienst abschlagen möchte aber ich sei nicht mehr seine Gefährtin, die er herumkommandieren und für seine Zwecke einspannen kann. Ich war es schlicht und einfach leid.

Seine Reaktion auf meinen Ausbruch hätte nicht überraschender sein können. Wenngleich ich erwähnen sollte dass sein Verhalten in der letzten Zeit ohnehin höchst fragwürdig war. Nicht dass er schlimme Dinge getan hätte, nein wohl nicht. Aber er wirkte auf mich völlig verändert und nicht mehr wie der selbe Mann wie vor einem Umlauf.
Aegir teilte mir mit dass er gedenkt sich in absehbarer Zeit wieder eine Gefährtin zu nehmen und hat mir in meiner Raserei damit völlig den Wind aus den Segeln genommen.
Das Verhältnis hatte zwar in letzter Zeit ein wenig gelitten, aber dennoch lag mir immer viel an seinem Glück. Wenngleich ich doch insgeheim Zweifel einräumte, dass Sayuri, das Weib dass sich während meiner Abwesenheit um die Familie gekümmert hat, eine glückliche Wahl ist. Und ein kleines bisschen war ich natürlich auch eifersüchtig, denn dass mir trotz aller Freundschaft in der unsere Gefährtenschaft endete, war er immer noch irgendwie mein Mann, meine große Liebe und der Vater meiner Kinder.
Ich beglückwünschte ihn zu seiner Entscheidung, es stand mir nicht zu in irgendeiner Form Kritik zu üben. Und Aegir selbst hielt sich bedeckt was weitere Einzelheiten zur bevorstehenden Gefährtenschaftsfeier anging. Er hatte eine Ansage gemacht und damit war es für ihn erledigt. Dass er damit allerdings mehr Fragen aufwarf als er beantwortete war ihm scheinbar völlig gleichgültig.
Vielmehr zog es ihn für zwei Hand hinaus, er ließ die Kinder bei mir und mich mit einem unguten Gefühl zurück.

Ein paar Tage nachdem Aegir in die Wälder aufbrach kam mir der Gedanke dass ich, auf subtile Art und Weise natürlich, seine Freunde befragen könnte wie es denn um seine Pläne steht. Allerdings, und dies hatte Vorrang, wollte ich wissen was ihn so verändert haben könnte. Insgeheim hatte ich wohl auch etwas Angst dass seine neue Gefährtin mich ein wenig ins Abseits rückt und er sich mehr und mehr zurückzieht. Wohl hätte ich es zu akzeptieren, aber nur schweren Herzens.
Doch egal wen ich fragte, und die Anzahl derer war nicht gerade gering, ich erhielt keine zufriedenstellenden Antworten. Vielmehr schien es als würde man mir ausweichen, mich mit lapidaren Phrasen abspeisen wollen. Allem voran natürlich wieder unser altbekannter Hauptmann Belnends, der zwar an Worten nicht sparte, dafür aber eine blumige Rede, über Männer im gewissen Alter, über mich ausschüttete. Zwar war er der einzige der sich nicht wortkarg zeigte, doch sein Redeschwall wirkte alles andere als beruhigend auf mich.
Und selbst unsere Freunde aus den nördlichen Wäldern, ich hatte Harper aufgesucht, hielten sich bedeckt. So musste ich es als gegeben hinnehmen dass die Zeiten in denen ich alles aus Aegirs Leben wusste nun endgültig vorüber sind.

Heute weiss ich dass mich jeder mit dem ich sprach anlog. Sie wussten alles, jedes noch so kleine Detail. Die Ahnungslosigkeit mit der ich auf Aegirs Rückkehr wartete hüllte mich zwar nicht in Zufriedenheit, aber wenigstens wusste ich noch nicht was noch alles auf mich zukommen wird.

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