Eigentlich war der Anfang dieser Reise nicht unerwartet.
Sie war geplant, von langer Hand und gut vorbereitet. Vielleicht war das eine oder andere Detail noch ausbaufähig, insbesondere der Teil in dem ich mich von den Meinen gebührend verabschieden hätte sollen und ihnen mitteilen wohin mich mein Weg führen wird. Aber im Nachhinein ist man meistens immer klüger.
Ich beschloss also dem Alltag ein wenig zu entfliehen und mich auf den Weg durch die nördlichen Wälder in Richtung Belnend aufzumachen. Zwar hatte ich keinen wirklich wichtigen Grund für die weite Reise, aber wenigstens kam mir in den Sinn dass ich, wenn ich schon dorthin verreise, ein paar Utensilien für die neue Heilerstube mit nachhause bringen könnte. Denn trotz aller Arbeit die wir alle leisteten, fehlte es hinten und vorne an den wichtigsten Gütern. So war auch Aegir immer wieder dazu veranlasst den Hafen Port Asgans hinter sich zu lassen um zu erhandeln was für den Winter benötigt wird.
So verließ ich also einen beinahe unheimlich leeren Ort um, wie die anderen auch, auszuschwärmen. Der einzige Unterschied war dass mich das pure Vergnügen umtriebt, die Lust nach etwas Abwechslung und Gesellschaft.
Die Reise verlief ruhig, ich stattete einige Anstandsbesuche ab, ehe ich mein eigentliches Ziel erreichte. Den Hafen Belnends. Nachdem die üblichen Formalitäten und das lästige Warten bis mein Gepäck verladen war, hinter mich gebracht wurden, machte ich mich sofort auf mitten ins Geschehen einzutauchen. Man mag vermuten dass ein Nordweib in einer Stadt ein wenig deplatziert wirkt, doch alleine schon meiner Herkunft wegen genoss ich alles was der Süden zu bieten hat und bewegte mich mit großer Selbstsicherheit. Wie erwartet war der Marktplatz gänzlich überfüllt und es störte mich keineswegs. Das Bad in der Menge, die Händler und der Rummel waren eine willkommene Abwechslung, wegen eben dieser ich so weit gereist bin. So ging ich von Stand zu Stand, konnte ein paar Köstlichkeiten probieren, die die Händler anboten und in aller Ausführlichkeit über die Waren staunen. So bemerkte ich, während ich im Rausch dessen war was all meine Sinne anregte, nicht wie sich der Rummel rund um die Herberge verdichtete. Erst nach und nach, als die Stimmen immer lauter wurden, drangen Wortfetzen in mein Ohr und ein Blick auf die Ansammlung lässt mich neben dem Hauptmann Belnends ein paar höchst zornige Männer erkennen, die sich wohl um eine Sklavin oder besser gesagt um die Besitzverhältnisse stritten. Ich schenkte dem allem keine große Aufmerksamkeit, zumal sich nach und nach die Versammlung auflöste, die erbosten Männer abzogen und einen mindestens genauso verärgerten Hauptmann zurückließen. Ein paar Bürger Belnends, die dem Streitgespräch beiwohnten sowie auch der Hauptmann selbst, zogen sich auf die Terrasse der Herberge zurück und ich beschloß es ihnen gleichzutun. Denn, obwohl ich so gut wie nie Alkohol trinke, wollte ich mir an der späten Ahn an diesem Tag einen Schluck Kalana gönnen. Nicht weil ich ihn so gerne trinke, aber ganz gewiss deshalb weil eine Reise gen Süden nur dann ist was sie sein sollte, wenn man mindestens einmal von diesem Gesöff gekostet hat.
Meine Anwesenheit bei Tisch war willkommen. Der Hauptmann selbst begrüsste und lud mich ein der Gesellschaft beizuwohnen. Der Vergangenheit wegen, den Differenzen zwischen Belnend und Fensalir wegen, mag man dies als verwunderlich ansehen. Doch die jüngsten Gespräche zwischen dem Hauptmann und Aegir, an deren Ende sich die Männer auf das Beilegen sämtlicher kriegerischen Unternehmungen einigten, erlaubten es mir die Gastfreundschaft und eben meinen ersehnten Kalana zu geniessen. Wenigstens eine Schluck konnte ich davon trinken, ehe vor den Toren die Wachen Alarm schlugen und bis zum Tisch durchdrang, dass erneut Ärger im Anmarsch ist.
Der Hauptmann, sowie ein paar seiner Krieger, machten sich sofort auf um nach dem Rechten zusehen, während wir Weiber am Tisch zurückblieben. Ich würde lügen wenn ich behaupten würde dass ich beunruhigt war, denn ich setzte Vertrauen in die Verteidung der Stadt und darüber hinaus ging mich das alles auch nichts an.
Die Zeit, meinen Kalana und das südliche Flair, zu geniessen blieb mir nicht. Es hatte den Anschein als würde sich die Lage vor dem Stadttor zuspitzen, doch weiter reagieren, eine mögliche Flucht aus der Stadt in Erwägung ziehen, konnte ich nicht mehr.
Die Männer, die eben noch über die Besitzverhältnisse der Sklavin stritten, zogen es vor nun lautstark ihre Waffen sprechen zu lassen. Die Weiber rafften die Röcke, eine Sitzbank wurde umgestossen und gutes Tafelgeschirr ging zu Bruch bei dem Versuch sich selbst noch in Sicherheit zu bringen. Heute weiss ich nur noch dass ich versuchte mich bis zum Rathaus durchzuschlagen und dort, in der Nähe des Turms in dem der Heimstein aufgewart wird, zu Fall kam.
Die Abfolge dessen was geschah war rasant. Ich lag auf dem Boden, versuchte mich aufzuraffen um sofort das Weite zu suchen, als ein großer Schatten auf mich fiel und meine Bemühungen mit ein paar Seilen zunichte machte. Geschnürrt wie ein Paket wurde ich über den Marktplatz geschliffen und zum Hauptmann gebracht, den, wie den meisten anderen Bürgern seiner Stadt, das selbe Schicksal ereilte. Mit dem einzigen Unterschied dass er abermals mit den Männern, die sich nun als Nordleute entpuppen, stritt und die Fronten zu Gunsten Belnends zu klären versuchte. Doch jegliche Argumentation schlug fehl und der Anführer, ich dachte zumindest er wäre es, der Gruppe von Nordmännern, teilte mit dass er einen Pfand mitzunehmen gedenkt bis die Besitzverhältnisse geklärt sind und man ihn in einem Dorf mit Namen "Valhalla" finden würde. Ich selbst lachte zu diesem Zeitpunkt noch über diese etwas kroteskte Situation. Zum einen war es mir nicht schlüssig warum man wegen einer Sklavin, die noch nicht mal besonders wertvoll aussah, so einen Aufstand machte. Und auch weil es mich belustigte als ich den Namen des Ortes hörte aus dem die Männer stammten.
Das Lachen, welches ich natürlich nicht offen gezeigt habe, verging mir jedoch sehr schnell als der Anführer ankündigte mich als Pfand mitzunehmen.
Da hatte ich gerade mal ein paar Ahn in Belnend verbracht, einen einzigen Schluck vom Kalana getrunken und fand mich verschnürrt und abreisebereit wieder, auf den Weg zurück in den Norden.
Zu allem Übel wurde mir klar, dass von meiner Familie niemand wusste dass ich hier war und ich nur durch schnelles Handeln seitens Belnend auf einen glücklichen Ausgang der unerwarteten Reise nach "Valhalla" hoffen konnte.
Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht dass diese Reise der Beginn einer Menge Verwicklungen sein wird und mein Leben, dass ich so sorgfältig neu sortiert und wieder in ruhige Fahrwasser gebracht hatte, gänzlich auf den Kopf stellt.
Anmerkung: Im Grunde war mein Ava nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Das Resultat daraus, eine Story die uns über fünf Wochen lang unterhielt, kam zu Stande da alle Beteiligten gänzlich von OOC Absprachen Abstand genommen haben und der Geschichte einfach ihren freien Lauf ließen. Selten zuvor habe ich mich so gut amüsiert, was nicht zuletzt an Bo, dem Hauptmann Belnends liegt, der ein wirklich gutes Händchen für Situationskomik hat.
Im Laufe des RPs gesellten sich immer mehr Charaktere dazu, die allesamt mit ihren Möglichkeiten, ihrer Fantasie die Geschichte zu einem wirklichen Erlebnis machten und bewiesen, dass man seiner Rolle treu bleiben und dabei auch über sich hinauswachsen kann.
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