Die Zeit des Wartens auf eine Nachricht der Jägerinnen kam mir schier endlos vor.
Jede Ahn zog sich wie eine zähe Masse, etwas dass meine erste Schwiegermutter, Finns ehemaliges Weib, gekocht haben muss. Ich verbrachte natürlich viel Zeit im Heilerturm, alleine schon deshalb da wir eben diesen als geheimen Treffpunkt für die Übermittlung der Nachrichten aus Belnend ausgewählt haben. Etwas abseits gelegen und von den Männern ohnehin nicht gerne besucht, schien er der perfekte Ort zu sein.
Ich muss ehrlich gestehen dass sich mitunter ein paar Mal der Gedanke aufdrängte die Jägerinnen könnten mit meinen Kleidern und den Münzen einfach durchgebrannt sein, ohne sich wirklich um den Auftrag zu kümmern. Vielleicht schwang bei den Überlegungen einiges an Vorurteilen mit.
Auf jeden Fall jedoch wurde ich hoffnungsloser je mehr Zeit verging. Und mit jedem Tag der verstrich, sah ich meine Hoffung auf einen glücklichen Ausgang der ganzen Sache schwinden.
Die Freude war natürlich umso grösser als sich die drei "Ladies aus Ar" schliesslich durchkämpfen bis Port Asgan um mich aufzusuchen. Doch das überschwängliche Gefühl der Freude hielt nicht lange an, denn sie kamen mit höchst beunruhigenden Nachrichten.
In einer höchst blumigen, ausschweifenden Erzählung berichteten sie was sie bei ihrem Aufenthalt in Belnend in Erfahrung bringen konnten. Und ich konnte nicht glauben dass sie von Aegir sprachen, dem Mann den ich so gut zu kennen glaubte.
Er sei ein verdorbener Charakter - dies war nur die geringste Anschuldigung die sie vorzubringen hatten. Er sei ein Weiberheld und steht dabei dem Hauptmann in nichts nach. So lautete die weitere Anklage. Mit einem weiteren Zusatz, dass sich beide, Aegir und Bo, wohl auch über eine erneute Versklavung meinerseits unterhalten hätten. Demnach hat Aegir sogar schon eigens einen Kragen anfertigen lassen, er rühme sich damit sich seine Beute bei der nächsten Gelegenheit anzueigenen.
Ich muss zugeben, ich war etwas irritiert und auch mißtrauisch. Sicher, Aegir hatte sich verändert, dass musste ich mir eingestehen. Doch hat er seine Pläne mit mir völlig anders dargestellt und etwas in mir glaubte seinem Wort.
Die Jägerinnen bemühten sich nach Kräften mich vom Gegenteil zu überzeugen und trieben mich dazu an das Notwendigste zusammenzuraffen und mit ihnen mein Zuhause auf unbestimmte Zeit zu verlassen. Wenigstens so lange bis sich die Lage entspannt hätte.
Meine Einwände dass ich meine Kinder nicht mehr alleine lasse schlugen sie zurück. Argumentierten dagegen dass ich als Sklavin ohnehin kein Recht mehr hätte mich um sie zu kümmern. Etwas dass ich in der Vergangenheit schon mit größter Bitterkeit festgestellt habe.
So verließ ein vermummter Trupp den Heilerturm Richtung Anlegestelle, eine lange Überfahrt bei wenig guten Wetter und ungewissen Ausgang erwartete mich. Denn bei allen Freiheitsdrang der in mir wohnte, schlich sich das Gefühl ein dass ich nicht rechtens handle. Was vermutlich daran liegen mag, dass ich immer noch ein gewisses Vertrauen in Aegirs Urteilsvermögen hatte, wenngleich es in letzter Zeit eindeutig an Glanz verloren hat.
In Siba, ich kannte diesen Ort vage aus der Vergangenheit, angekommen wurde ich mit der überaus großzügigen Gastfreundschaft des Tribes konfrontiert. Man überreichte mir sogar eine Art Schlüssel damit ich mich frei bewegen konnte, ich nicht das Gefühl des Eingesperrt-seins hatte. Die Jägerinnen wollten mir auch passende Kleidung leihen, um mich den örtlichen Gegebenheiten besser anpassen zu können. Ein Angebot dass ich jedoch vehement ausschlug. Denn bei aller Vorsicht und Gastfreunschaft war ich immer noch Saria, eine freie Frau Gors. Und als solche hatte ich mich anständig zu kleiden - egal wo.
Der erste Abend war wunderbar. Zwar dachte ich mit Wehmut an jene die ich in Port Asgan zurückgelassen habe, aber die Jägerinnen bemühten sich nach allen Kräften mir den Aufenthalt so bequem wie möglich zu machen. Ich bekam sogar eine eigene Art Hütte, ein rundes Ding, ausgelegt mit einer Vielzahl an Fellen, so dass ich mich von den Aufregungen erholen konnte.
Doch während ich so in den Fellen lag, ungewohnte Geräusche des Waldes zu mir durchdrangen, beschlich mich das Gefühl dass ich nicht für diese Art von Leben geeignet war. So musste ich mir eingestehen dass meine Abenteuerlust mit zunehmenden Alter ein wenig geschrumpft ist.
Eine Erkenntnis die mit den nächsten Tagen noch verstärkt wurde. Denn ich lernte nicht nur die Idylle des Waldes kennen, sondern auch die Gefahren. Die überraschenderweise weniger mit der örtlichen Fauna und Flora, dem Tierreich, zu tun hatten, sondern vielmehr mit herumstreichenden Schurken die sich in regelmässigen Abständen Zugang zum Camp verschafften. Es ging immer gut aus, die Jägerinnen waren geübt am Bogen. Aber ich musste mir doch eingestehen dass ich die Bequemlichkeit eines herkömmlichen Dorfes oder einer Stadt dem Leben im Wald vorzog.
Ich verfügte auch bei weitem nicht über die weise Voraussicht und den Instinkt der Jägerinnen. So geschah es dass meine eigene Dummheit mir beinahe zum Verhängnis wurde. Ich entfernte mich tagsüber etwas vom Camp um mich am nächstgelegenen Wasser zu waschen und stellte bei meiner Rückkehr mit höchsten Erstaunen fest dass die für gewöhnlich gut gesicherten Tore manipuliert worden waren. Ich will mich nicht mit handwerklichen Fähigkeiten rühmen, dies hat bei meiner Aufgabe in Belnend auch nicht funktioniert, aber ich machte mich daran ein Tor wie das andere wieder zu schliessen, ohne darauf zu achten oder die Möglichkeit in Betracht zu ziehen dass sich der Feind womöglich im Camp befand und ich mich mit ihm einschloss.
Und einzig dem Heldenmut eines Mannes der zufällig des Weges kam, habe ich es zu verdanken dass ich nicht in eine unbekannte Richtung verschifft wurde. Überhaupt schien mir dass in den Wäldern mehr Reiseverkehr stattfand als anderenorts. Eine Paradoxon in sich, wie ich finde.
Doch galt es weiterhin auszuharren und die Zeit für sich arbeiten zu lassen. Was sie letzten Endes auch tat. Nur anders als ich es mir vorgestellt habe. Denn meine Abreise aus Port Asgan ist nicht unbemerkt geblieben und auch nicht in wessen Gesellschaft ich den Hafen verlassen habe.
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